Samstag, 9. Mai 2015

in swinemünde am ostseestrand


hans michael
hat seinem vater
das stativ abgenommen.


mit stativen
spiele ich heute noch gerne rum.

brandbomben auf stettin

helene wenzel, meine mutter, war eine kleine frau. nach ihrer körpergrösse gefragt, hat sie immer geschwindelt. einsfünfundfünfzig, war ihre antwort und dann fügte sie hinzu, mit hohen absätzen. helene hat hans, hugo, josef, friedrich k. über eine heiratsanzeige kennen gelernt. in der pommerschen diaspora war das eine möglichkeit einen katholischen partner fürs leben zu finden. mein vater, 1906 in köln geboren, arbeitete im möbelhaus hühnlein in stettin.

als ich 1941 zur welt kam lebten meine eltern in der deutschen strasse. aus der zeit, als ich 4 jahre alt war, habe ich noch einige erinnerungen. ich bin aber nicht ganz sicher, wo meine eigenen erlebnisse sich mit dem, was ich aus den erzählungen meiner eltern weiss, vermischen.
















die deutsche strasse und ihr bürgersteig waren in meiner erinnerung unermesslich breit. in der nähe muss der blücherplatz gewesen sein, ein park, wo ich 1944, kurz vor kriegsende mit meiner mutter auf der bank sitze. mein vater hat das foto gemacht. auf dem linken bildrand, tante gretel + ich.

















die wohnung, in der wir lebten, gehörte zwei schwestern, die mit meinen eltern ein freundschaftliches verhältniss hatten. die damen hatten zwei mehrstöckige mietshäuser, eins direkt an der strasse, ein zweites haus war zurückgesetzt, dazwischen waren gärten mit blumen, gemüse und obstbäumen. aber es war krieg, world war II. abwechselnd haben amerikaner und engländer die stadt bombardiert. die russische wehrmacht stand 100 km vor der stadt. tante magdalene in münchen, wusste genauer bescheid, wie weit der russe schon im land war. tante m. hörte den schweizer sender, radio beromünster, was in dieser zeit verboten war. 

bei bombenalarm heulten die sirenen und alle menschen flüchteten in keller oder luftschutzbunker. ich erinnere mich an die zeiten im bunker, viele menschen standen oder sassen dort rum, es wurde kaum geredet. einmal sprachen die leute über mögliche fluchtwege aus dem keller, wenn sie verschüttet wären wollten sie eine mauer durchbrechen, um so in den nachbarkeller zu gelangen. wenn mein vater mit im keller war hörte er auf die stimme im kopfhörer eines detektor radios. er meldete, bevor die sirenen entwarnung gaben, dass der luftangriff zu ende war. die feindlichen flieger hatten ihren job gemacht und flogen wieder nach hause. ich verspürte damals keine besondere angst; meine mutter war ja immer bei mir. aber es war schon eine sehr ernste zeit.

meine mutter erzählte später eimal, dass sie nach 4 oder 5 bombenangriffen, in einer nacht, manchmal so zermürbt waren und beim nächsten bombenhagel einfach im bett liegen geblieben sind, während es draussen krachte, die sirenen heulten, der himmel von den "weihnachtsbäumen" hell erleuchtet war und andere häuser in flammen standen.

meine eltern hatten an einem sonntag einen spaziergang durch die ausgebomten strassenzüge gemacht und meine mutter glaubte an den zerstörten häusern ein muster zu erkennen. einem karree, das vor 2 tagen zerbombt worden war, war gestern ein weiteres gefolgt, da sagte sie zu ihrem mann, wir sind heute nacht an der reihe.

die gegend um die deutsche strasse wurde in dieser nacht völlig zerbombt, auch das haus in dem wir wohnten. wir sind mit den anderen bewohnern durch ein kellerfenster in den garten gekrochen. sie hatten brandbomben geworfen, alles stand in flammen. die häuser brannten lichterloh und im garten brannten die obstbäume. wir wollten durchs vorderhaus auf die breite strasse, dort war man vor herabstürzenden teilen sicherer, aber ein hohes eisentor im garten versperrte den flüchtenden den weg. mein vater hat sich nach vorne gedrängt, er wusste wie man das tor aus den angeln heben konnte. wir sind dann durch die breite deutsche strasse gelaufen, ganz in der mitte der strasse. mit nassen decken haben wir uns vor funkenflug geschützt. wir haben uns alle drei aneinander geklammert, meine eltern hatten mich in die mitte genommen. wir sind durch brennende häuserschluchten gelaufen, ich weiss nicht wohin wir gegangen sind. 

von den beiden schwestern, die durch den bombenangriff ihre mietshäuser verloren hatten wussten wir, dass sie tage nach dem grossen feuer in ihrem ausgebrannten garten waren. die hasen im stall hatten das feuer nicht überlebt. die birnen in den bäumen waren verschmort, aber sie waren noch essbar.